2024
Zenmindsbrathe
Mit 60 Jahren habe ich etwas entdeckt, das ich niemals für möglich gehalten hätte: Yoga. Man muss wissen, bis zu diesem Moment in meinem Leben kannte ich Yoga nur aus dem Supermarkt - in Form von Yogurette und Joghurt. Dieser Gedanke allein brachte mich bereits zum Schmunzeln.
Der Beginn meiner Yoga-Reise war, gelinde gesagt, holprig. In einer Stadt, wo Hanteln und Proteinshakes das Nonplusultra bildeten, war die Idee, einen Yoga-Kurs zu besuchen, für einen Mann meines Alters eher ungewöhnlich. Dennoch trieb mich mein sturer Kopf dazu, dieser kuriosen Leidenschaft nachzugehen.
Schon beim ersten Mal betrat ich den Kursraum mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis. Die anderen Kursteilnehmer - flexible Gazellen, die scheinbar ohne Mühen in die kompliziertesten Posen glitten - musterten mich mit einer Mischung aus Amüsement und Erstaunen. "Muskulöser Herr mit den geschwungenen Augenbrauen, machen Sie mit?", fragte die Instruktorin mit einem sanften Lächeln. Meine Antwort kam entschlossen: "Ja, und wie!"
Was folgte, waren Wochen voller Muskelkater und brennender Sehnen. Oft dachte ich ans Aufhören, aber mein Stolz ließ es nicht zu. Mit jedem keuchenden Atemzug und jeder zittrigen Pose schwor ich mir, dass ich es allen beweisen würde - besonders mir selbst.
Ein Tag blieb besonders in Erinnerung. Während wir die Position des "Kriegers III" einnahmen, knickte ich plötzlich um und landete unsanft auf dem Boden. Lachen erfüllte den Raum, und für einen Moment fühlte ich mich wie ein Clown auf einer Bühne. Doch dann, eine der Gazellen - Susi hieß sie, glaube ich - kam zu mir, reichte mir ihre Hand und sagte: "Kommt, dieser Weg ist nicht leicht, aber gemeinsam schaffen wir das."
Diese Geste gab mir die Kraft, weiterzumachen. Mit jeder Woche wurde ich besser, flexibler und überraschenderweise, ruhiger und gelassener. Es dauerte nicht lange, bis ich bemerkte, dass Yoga mehr war als nur körperliche Ertüchtigung. Es war ein Weg, mich selbst besser zu verstehen und zu akzeptieren.
Heute, ein Jahr nach meiner ersten Yogastunde, kann ich mit Stolz sagen, dass ich nicht nur die Positionen meistere, sondern auch eine Balance zwischen Körper und Geist gefunden habe. Und wer hätte gedacht, dass das alles mit der schlichten Liebe zu einer Yogurette und einem Becher Joghurt begann?
In diesem Sinne euer Zenmindsbrathe
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